Auswirkungen des „Jahrhundertsommers“ 2018 auf sächsische Fischbestände

Seit dem Beginn der systematischen Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881 war der Sommer in Sachsen noch nie wärmer als 2018 und nur einmal (1911) trockener, schreibt der Deutsche Wetterdienst auf seiner Internetseite www.dwd.de. Und: Die Monate April bis August waren insbesondere in Nord- und Ostdeutschland von einer extremen Trockenheit geprägt, die vielerorts zu einer Austrocknung der Böden und zu Wassermangel führte.

Natürlich blieb das nicht ohne Folgen für die sächsischen Fischbestände. Fische als wechselwarme Tiere sind in besonderem Maße abhängig von der Wassertemperatur. Sie benötigen artspezifische optimale Temperaturbereiche, um alle Körperfunktionen bestmöglich aufrechterhalten zu können. Die maximal tolerierbaren Temperaturen wurden in mindestens drei Betrieben mit Forellenhaltung überschritten. Bei 27 °C sowohl im stehenden als auch im fließenden Gewässer kam es in der Folge zu einem Totalverlust bei den Regenbogenforellen, die eine Vorzugstemperatur von 12 bis 16 °C beanspruchen. Dazu kommt, dass in Abhängigkeit von der steigenden Wassertemperatur die Menge des im Wasser gelösten Sauerstoffs abnimmt, was v.a. für Salmoniden mit einem Sauerstoffbedarf von 6 bis 9 mg/l verheerende Folgen hat.

In der Karpfenteichwirtschaft ist die hohe Wassertemperatur an sich unproblematischer, da die wärmeliebenden Karpfen sich auch noch bei 30 °C wohl fühlen. Ihr Temperaturoptimum liegt bei 23 bis 28 °C. Das Aufkommen der Karpfenbrut wird in diesem Jahr überwiegend als sehr gut eingeschätzt – aufgrund der klimatischen Bedingungen.

Wenn gleichzeitig andere Wasserparameter entgleisen, kann es aber auch in Karpfenteichen zu Problemen kommen. Wie oben erwähnt, nimmt die Sauerstoffbindungskapazität mit zunehmenden Wassertemperaturen ab. Bei fehlendem Wasserzulauf, nicht vorhandenem Wind und ausbleibendem Niederschlag findet auch kaum noch ein Sauerstoffeintrag von außen in die Teiche statt. Wenn durch Wärme und Sonneneinstrahlung geförderte Algenblüten im Rahmen ihres natürlichen Lebenszyklus absterben, wird bei der Zersetzung der Biomasse zusätzlich Sauerstoff gezehrt. So kam es zu mehreren Verlustgeschehen in Karpfenteichen durch Sauerstoffmangel. In einigen Fällen kam begünstigt durch die hohen Temperaturen noch eine toxische Blaualgenblüte dazu, die an Karpfenverlusten beteiligt war. Fischer berichteten, dass sich Speisekarpfen zur Vermeidung von Kontakt mit den Algenwolken in den Schilfgürtel zurückgezogen hatten, sich dann aber aufgrund von fallenden Wasserständen nicht mehr daraus befreien konnten und dort verendeten.

Aufgrund des umfangreichen Wassermangels, insbesondere an Quell- oder Himmelsteichen, wurden die ersten Notabfischungen bereits im Juli durchgeführt. Im August lagen in manchen Teichwirtschaften schon mehr als 50 % der bewirtschafteten Flächen trocken. Die trockenliegenden Flächen verlanden sehr schnell und sind nur mit viel Aufwand wieder herzustellen. Nicht ganz trocken gefallene Teiche mit niedrigen Wasserständen verkrauteten durch die starke Sonneneinstrahlung extrem stark. Durch den Wassermangel besonders belastet sind Gebiete in Nord- und Ostsachsen. Im süd- und mittelsächsischen Raum sind die Einschränkungen geringer, weil die Teiche hier in der Regel tiefer sind. Einige betroffene Teichwirte verzichten 2018 auf die normalerweise erforderlichen Herbstabfischungen, um den Wasserkörper zu erhalten. Derzeit erscheint es fragwürdig, ob der extreme Wassermangel im kommenden Jahr kompensiert werden kann und Besatzmaßnahmen wie gewohnt durchgeführt werden können.

Wirtschaftliche Verluste sind 2018/19 in der Karpfenteichwirtschaft zusätzlich zu erwarten durch steigende Futtermittelpreise wegen der Dürre sowie fehlendem Zuwachs bei den Speisefischen. Bedingt durch Sauerstoffmangel wurde in mehreren Betrieben ab Juli die Fütterung eingestellt, um die Bedingungen für die Fische nicht noch zu verschärfen. Fressen belastet den Kreislauf sowie die Kiemen und erhöht den Sauerstoffbedarf. Bei allzu hohen Temperaturen bzw. geringen Sauerstoffgehalten hören die Karpfen von selbst auf zu fressen. In dem Fall würde das liegengebliebene Futter zersetzt, dabei würde Sauerstoff dem Wasser entzogen. Viele der im September untersuchten ein- und zweisömmrigen Satzfischbestände wiesen aufgrund der eingestellten Fütterung bzw. auch durch den temperaturbedingten höheren Energieverbrauch nur eine mäßige, teils schlechte Kondition auf.

Probleme durch zu hohe Temperaturen in Verbindung mit zu geringen Sauerstoffgehalten mussten ebenfalls bei Wildfischen festgestellt werden. Es kam zu mehreren Fischsterben in Fließgewässern. In zwei großen, tiefen Seen bildete sich eine extrem stabile Schichtung mit einer sauerstoffarmen bis -freien Zone in der Tiefe. Im oberflächlichen Bereich war zwar aufgrund von Photosynthese der Schwebalgen ausreichend Sauerstoff enthalten, aber auch hier herrschten für Fische lebensfeindliche Bedingungen durch stark erhöhte pH-Werte und Temperaturen. Alle Fischarten waren betroffen. Besonders hohe Verluste waren bei den Weißfischen und Flussbarschen zu verzeichnen, etliche kapitale Raubfische (Hecht, Zander, Wels) waren ebenfalls verendet. Insgesamt wurden durch die Angelfreunde mehr als zwei Tonnen Kadaver abgelesen und über die Tierkörperbeseitigungsanstalt entsorgt.

Artspezifische Vorzugstemperaturen gelten außerdem auch für Erreger von Fischkrankheiten. So wirkten die Umweltbedingungen im Sommer 2018 - neben anderen Faktoren – fördernd für die Ausbreitung verschiedener viraler Erkrankungen wie Infektionen mit dem Aal-Herpesvirus (AHV-1) oder dem Stör-Iridovirus (WSIV). Bereits im Mai mussten die ersten Koi-Herpesvirus (KHV) -Infektionen in Verbindung mit hochgradigen Verlusten in verschiedenen Karpfenbeständen nachgewiesen werden. Bis Ende September stieg die Anzahl der amtlich festgestellten KHV-Ausbrüche auf knapp 60 Fälle. Einige andere Erkrankungen, beispielsweise die virusbedingte Schlafkrankheit der Karpfen (Carp Edema Virus, CEV), Schwimmblasenentzündung, Wurmstar oder Bandwurmbefall wurden dagegen auffallend selten nachgewiesen. Ein Zusammenhang mit den Witterungsbedingungen kann hier nur vermutet werden. Möglicherweise waren die Umweltbedingungen im Sommer 2018 unmittelbar für diese Erreger ungeeignet. Andererseits bestehen bei komplexen Erkrankungen, an deren Genese Überträger oder Zwischenwirte beteiligt sind, für jeden einzelnen Entwicklungsschritt bzw. Überträger eigene Ansprüche an die Umweltbedingungen. Eine mögliche Ursache für das seltenere Auftreten bestimmter Krankheiten könnte also auch in unzureichenden Bedingungen für Überträger oder Zwischenwirte liegen. Nicht zuletzt ist auch das Immunsystem der Fische temperaturabhängig und im artspezifischen Optimalbereich am effektivsten. Demnach ist davon auszugehen, dass zumindest Karpfen sich mit ihrer körpereigenen Abwehr erfolgreich gegen einige Krankheitserreger zur Wehr setzen konnten – sofern genug Wasser und Sauerstoff vorhanden war.


Dr. Kerstin Böttcher, Dr. Grit Bräuer, Fischgesundheitsdienst der Sächsischen Tierseuchenkasse 

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