Afrikanische Pferdepest

Der Pferdgesundheitsdienst der Sächsischen Tierseuchenkasse informiert:


Während die Menschheit weltweit mit der Bewältigung der Corona-Krise beschäftigt ist, hat eine der gefürchtetsten Pferdeseuchen ihren Weg nach fast 60 Jahren erneut von Afrika nach Asien gefunden. In Thailand starb bereits am 24. Februar 2020 ein Rennpferd nahe Bangkok an der Afrikanischen Pferdepest (engl. African Horse Sickness = AHS). Bis Ende April sind über 460 Pferde an der AHS in Thailand gestorben. In der Zwischenzeit hat der Einsatz eines Lebendimpfstoffes aus Südafrika begonnen. Alle Pferde in Ställen mit erkrankten Tieren sowie im Radius von 50 km um diese Betriebe sollen geimpft werden. Da geimpfte Pferde das Virus wiederum in abgeschwächter Form ausscheiden können, müssen diese Tiere für 30 Tage in mit Netzen abgespannten Boxen verbringen, um eine Weiterverbreitung des Impfvirus über Insekten zu verhindern. Die Pferde dürfen den Stall nicht verlassen und können nur auf der Stallgasse einzeln geführt werden, um überhaupt etwas Bewegung für die Tiere zu gewährleisten. Möglicherweise wurde die AHS über importierte Zebras nach Thailand eingeschleppt.


Ist die Afrikanische Pferdepest eine Bedrohung für europäische Pferde?

Die Afrikanische Pferdepest ist eine akute bis subakute, nicht kontagiöse Virusinfektion der Equiden, die durch stechende Insekten (Gnitzen) übertragen wird und in Deutschland anzeigepflichtig ist. Der Erreger der AHS ist ein unbehülltes RNA-Virus aus der Familie Reoviridae, Genus Orbivirus. Neun verschiedene Serotypen des Afrikanischen Pferdepest Virus sind bekannt, die unterschiedlich stark krank machende Wirkungen besitzen.

Empfängliche Arten für die AHS sind Pferde, Maultiere, Esel, wobei Esel und Maultiere weniger empfänglich sind als Pferde. Die Sterberate (Mortalitätsrate) liegt bei Pferden zwischen 70-95%, bei Maultieren um 50% und Eseln bei 10%. Europäische Esel sind dabei empfindlicher als afrikanische. Das Zebra gilt als Virusreservoir. Auch Kamelartige und Hunde können (nach Verzehr von virushaltigem Fleisch) erkranken.

Die Gefahr der Einschleppung dieser, wie der Name vermuten lässt, vorrangig in Afrika vorkommenden Seuche nach Europa, wird von der OIE bzw. von der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) als sehr gering eingeschätzt.

Diese Einschätzung galt allerdings auch für die Blauzungenkrankheit (BT) der Rinder und Schafe in Nordeuropa, welche ebenfalls durch die gleiche Gnitzenart verbreitet wird. Nachdem jedoch das BT-Virus im August 2006 plötzlich in Holland und später auch in anderen nordeuropäischen Ländern entdeckt wurde, kam es in den Jahren 2007 und 2008 allein in Deutschland zu ca. 26 000 Ausbrüchen bei Rindern, Schafen, Ziegen und vereinzelt auch bei Gatterwild. Es wird vermutet, dass das Virus durch den Import infizierter Gnitzen nach Holland eingeführt wurde. Durch eine breit angelegte Impfung gegen den festgestellten Serotyp 8 konnte die Infektion zurückgedrängt und Deutschland schließlich im Februar 2012 wieder für frei an Blauzungenkrankheit erklärt werden. In Südeuropa und hier vor allem in Frankreich und Italien treten immer noch gehäuft Fälle dieser Viruserkrankung auf, so dass ein erneuter Viruseintrag nach Deutschland befürchtet werden muss.


Verbreitung

Über die AHS wurde 1327 das erste Mal in einem arabischen Dokument berichtet. Die Erkrankung ist in Zentralafrika mit regelmäßiger Ausbreitung nach Südafrika wie auch gelegentlich nach Nordafrika endemisch, d.h. ständig vorhanden. Im Jahr 1719 starben fast 1.700 und in den Jahren 1854-55 ca. 70. 000 Pferde an der AHS in Südafrika. Die letzten Fälle (Subtyp 4) in Europa wurden aus Spanien (1987-1990) durch Import eines infizierten Zebras aus Namibia und Portugal (1989) gemeldet. Serotyp 9 verursachte die meisten Ausbrüche außerhalb Afrikas (z.B. Mittelost, Pakistan und Indien). Europa ist derzeit amtlich anerkannt frei von AHS. Die Verbreitung der AHS ist abhängig vom Vorkommen der Hauptüberträger.


Epidemiologie

Der Erreger wird von Insekten (Gnitzen v.a. Culicoides spp.) übertragen, wodurch ein saisonales Auftreten der AHS bedingt ist. Gnitzen können über Wasser bis 700 km und über Land je nach Windrichtung bis 150 km fliegen! Es gibt keine direkte Übertragung des Erregers von Tier zu Tier. Nur Hunde können sich über den Verzehr von virushaltigem Fleisch anstecken. Auch eine Verbreitung mit blutbehafteten Instrumenten oder Kanülen ist möglich. Zebras oder Esel können über längere Zeit (bis 40 Tage) das Virus ausscheiden ohne zu erkranken und somit ein Virusreservoir bilden. Andere Equiden scheiden bis 21 Tage (4-8 Tage in Durchschnitt) das Virus aus. Antikörper gegen das Virus wurden in Elefanten, Angoraziegen und weiteren Wiederkäuern gefunden.

In Südafrika ist die AHS nicht endemisch, aber jedes Jahr tritt die Erkrankung im Januar in den nordöstlichen Landesteilen auf. Von dort aus verbreitet sie sich südwärts. Die südliche Ausbreitung ist stark von den klimatischen Bedingungen und der damit verbundenen Vermehrung der Gnitzen abhängig. Zeitiger und schwerer Regen gefolgt von warmen, trockenen Perioden favorisiert die Verbreitung. Die ersten Fälle werden meist Anfang Februar gemeldet und im März und April treten die schwersten Ausbrüche auf. Nach dem ersten Frost Ende April bzw. Anfang Mai sind plötzlich keine Neuerkrankungen mehr zu verzeichnen. In den nordöstlichen Teilen des Landes, wo kaum Frost auftritt, kann die AHS bis Mai oder Juni beobachtet werden.


Symptome und Krankheitsverlauf

Die Inkubationszeit beträgt je nach Verlaufsform 3 bis 14 Tage, wobei 4 mögliche Verlaufsformen mit variablen klinischen Symptomen beim Pferd bekannt sind:

Perakute Lungenform

  • nach sehr kurzer Inkubationszeit hohes Fieber (40-41°C), Husten, schaumiger Nasenausfluss, Dyspnoe, in 95 % der Fälle perakuter (innerhalb von Stunden nach Auftreten von klinischen Symptomen) Tod infolge von Lungenödem möglich.

Subakute Herzform (ödematöse Form)

  • Fieber (39-40°C) während 3 bis 6 Tage, bedingt durch Störung der Gefäßdurchlässigkeit Schwellungen (Ödeme) am Kopf (besonders Grube über Auge und Augenlider sehr typisch!) und später an Hals, Schulter und Brustbereich sowie an den unteren Abschnitten der Beine, Blaufärbung und kleine Blutungen auf Schleimhäuten und Bindehautentzündung
  • nach 4-8 Tagen kommt es in 50 % der Fälle zum Tod durch Herzversagen
  • falls ein Tier überlebt, verschwinden die Ödeme innerhalb von 3 bis 8 Tagen

Akute Lungen-Herz-Mischform

  • eine Mischung der Symptome der beiden erst erwähnten Formen
  • leichtere Herzform gefolgt von akuten Atembeschwerden
  • der Tod folgt in 70-80 % der Fälle wegen Herzversagens nach ca. 1 Woche

Milde Form (Pferdepest-Fieber)

  • nach 5-8 Tagen Fieber (39-40°C) vollständige Erholung
  • vor allem bei weniger empfänglichen Tieren (z. B. Esel), geimpften Pferden oder Tieren, die zusätzlich mit einem anderen Serotyp infiziert waren 

Diagnose

Bei gehäuften, plötzlichen Todesfällen von Equiden im Zusammenhang mit Kreislaufstörungen und Lungenödemen zur entsprechenden Jahreszeit (intensiver Gnitzenflug auf der Nordhalbkugel im Spätsommer/Herbst) sollte der Verdacht auf AHS geäußert werden. Schwellungen über den Augen sind als typisch anzusehen. Vorberichtlich sollte bei Erstausbruch nach Importtieren insbesondere aus Afrika gefragt werden. Eine endgültige Diagnose kann nur durch einen Virusnachweis bzw. den Nachweis von Antikörpern gegen das Virus (Serologie) gestellt werden.


Differenzialdiagnosen

  • Equine virale Arteritis, Equine infektiöse Anämie, Hendra Virus Infektion, Equine Piroplasmose, Milzbrand, Vergiftung und Hitzschlag

Die Immunprophylaxe ist in Europa verboten. Ein Impfstoff mit mehreren der 9 Serotypen wird vor allem in Südafrika eingesetzt und zeigt eine sehr gute Wirksamkeit. Bei dem Ausbruch in Spanien von 1987 bis 1990 wurde ein abgeschwächter Lebendimpfstoff mit dem Serotyp 4 erfolgreich angewendet.


Untersuchungsmaterial

  • Virusnachweis im Blut (möglichst früh während Fieberphase);
  • bei toten Tieren in Milz, Lunge und Lymphknoten
  • Antikörpernachweis (ab 8-14 Tagen nach Infektion) im Blutserum von mehreren Tieren

Bekämpfung

Die AHS ist eine hochansteckende Seuche und deshalb in Deutschland anzeigepflichtig. Der Verdacht auf AHS ist bei den zuständigen Veterinärbehörden anzuzeigen und muss durch entsprechende labordiagnostische Untersuchungen abgeklärt werden.


Fazit

Es bleibt festzuhalten, dass die AHS derzeit keine unmittelbare Bedrohung für europäische Pferdehaltungen darstellt, dass sie aber durchaus, wie bei der Blauzungenkrankheit oder derzeit in Thailand geschehen, jederzeit nach Europa eingeschleppt werden kann und dann einen signifikanten Einfluss auf die Pferdehaltung hat.


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