Die Paratuberkulose des Rindes – eine ernstzunehmende Infektionskrankheit

Seit einigen Jahren wird in Deutschland ein Fortschreiten der Ausbreitung der Paratuberkulose in Rinderbeständen beobachtet.

Nach Schätzungen ist bereits bis zu einem Drittel des deutschen Milchviehbestandes betroffen.

Als chronische Erkrankung des Darmes entstehen dem Landwirt durch verminderte Milchleistung, verringerten Schlachterlös,Folgeerkrankungen und erhöhte Tierabgänge große wirtschaftliche Verluste.

Die Paratuberkulose ist eine weltweit verbreitete, chronische Infektionskrankheit der Wiederkäuer. Andere Spezies können Träger und Überträger sein. Verursacht wird die Erkrankung durch den Erreger Mycobacterium avium ssp. paratuberculosis. Rinder können sich in den ersten zwei Lebensjahren mit dem Erreger anstecken, wobei die Hauptansteckungsgefahr im Kälberalter besteht. Nach der Infektion dauert es mindestens zwei Jahre, bis sich erste klinische Erscheinungen zeigen, die dann meist als chronische Form immer wiederkehren bzw. anhalten. Typische Anzeichen der Krankheit sind unstillbare Durchfälle, starke Abmagerung und die typische Wassereinlagerung (Ödembildung) im Gewebe. Übertragen wird der Erreger hauptsächlich über den Kot infizierter Tiere, hier reichen schon kleinste Mengen aus, um wieder andere Tiere zu infizieren. Die Übertragung vom Muttertier auf das ungeborene Kalb oder über die Milch spielen ebenfalls eine Rolle.


Immer wieder wird auch ein Zusammenhang der Tierkrankheit mit der Morbus-Crohn-Erkrankung des Menschen diskutiert. Um wirtschaftliche Folgen von den wiederkäuerhaltenden Betrieben fernzuhalten und den Menschen vor Gefährdungen durch eine Infektion mit dem Erreger zu schützen, bedarf es Bekämpfungs- und Prophylaxe-Strategien im Umgang mit dieser Erkrankung.

Mit diesem Hintergrund legte die Sächsische Tierseuchenkasse 2005 ein Programm zur Kontrolle der Paratuberkulose in Rinderherden mit entsprechenden Beihilfen auf. Hierbei wurden Bestände über Blut- bzw. Milchproben serologisch auf Paratuberkuloseantikörper untersucht und je nach Ergebnis und Verlauf der Untersuchungen hinsichtlich der Bekämpfung beraten und entsprechende betriebliche Maßnahmen festgelegt. 2009 wurde das Programm mit dem Ziel der Schaffung unverdächtiger Bestände um die bakteriologische Kotuntersuchung ergänzt, die als „Goldstandard“ der Diagnostik gilt. Im Programm sind Bekämpfungs- und Prophylaxemaßnahmen verankert worden, die hauptsächlich auf einen Schutz der Nachzucht vor der Infektion und die schnelle Merzung von Erregerausscheidern abzielen.

Ziel bei der Bekämpfung der Ausbreitung der Paratuberkulose ist die Minimierung bzw. die Verhinderung des Kontaktes der neugeborenen Tiere bzw. Jungtiere mit erregerhaltigem Kot. Hierbei spielt die Geburtshygiene eine entscheidende Rolle. Neugeborene Kälber sollten in nachweislich infizierten Beständen sofort nach der Geburt die Umgebung der Kuh verlassen und in einem separaten Stallabteil untergebracht werden. Verschleppung von Kotpartikeln zwischen diesen Abteilen sollte vermieden werden. Abkalbeboxen, in denen infizierte Kühe abgekalbt haben, sollten nach jeder Kalbung gereinigt und desinfiziert werden. Eine weitere wichtige Maßnahme der Bekämpfung ist das ausschließliche Vertränken von Milch negativer Mütter an neugeborene Kälber. Milch positiver Kühe sollte nicht zur Fütterung von Kälbern genutzt werden. Eine Bevorratung von eingefrorenem Kolostrum negativer Tiere ist hierfür unerlässlich.


Der Erreger der Paratuberkulose ist als säurefestes Bakterium sehr widerstandsfähig gegenüber Umwelteinflüssen. In der Umgebung der Tiere ist er mehrere Monate überlebensfähig. Dies sollte auch im Weidemanagement beachtet werden, so sollte Grünland, das zur Jungtierfütterung genutzt wird, nicht mit Gülle oder Mist aus positiven Beständen oder aus Beständen mit unklarem Paratuberkulose-Status gedüngt werden. Für die Desinfektion stehen nur wenige geeignete Mittel zur Verfügung.

Im Gegensatz zur Bekämpfung der Paratuberkulose in milchviehhaltenden Betrieben stellt diese Aufgabe in den Mutterkuhhaltungen aufgrund der Besonderheiten und betriebsspezifischen Unterschiede des Jungtiermanagements eine besondere Herausforderung dar. Hier kann nur durch ein strenges Weidemanagement, eine Separierung positiver Tiere in der Stallperiode und eine rigorose Selektion von positiven Tieren und deren Nachzucht ein Sanierungserfolg erreicht werden.

Entscheidend für eine erfolgreiche Bekämpfung ist aber immer eine umfassende herdenbezogenen Diagnostik entsprechend des Sanierungsprogrammes der Sächsischen Tierseuchenkasse. Tiere mit positivem Kotbefund sollten den Betrieb so schnell wie möglich verlassen. Bestände ohne positive Befunde sind nach einer dreimaligen Herdenuntersuchung im Jahresabstand als unverdächtig anzusehen und werden im Anschluss weiterhin regelmäßig überwacht. Zukauf sollte unbedingt aus unverdächtigen Beständen erfolgen.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Bekämpfung der Paratuberkulose den Landwirt und den Tierarzt vor besondere Herausforderungen stellt. Durch  strikte Einhaltung der Bekämpfungsmaßnahmen im Betriebsmanagement ist dennoch ein Sanierungsfortschritt möglich. Insbesondere von den Zuchtbetrieben sollte daher eine Beteiligung am Programm der Tierseuchenkasse erwartet werden, da die Krankheit nicht zuletzt auch über den Verkauf infizierter Zuchttiere verbreitet wird.

Wünschenswert wäre eine Verbesserung der Effektivität der Diagnostik, um Betriebe mit Infektionen zeitig zu erkennen und freie Betriebe sicher zu überwachen. Dahingehend werden momentan Vergleichsuntersuchungen (Direkt-PCR, Kot-Kultur) im Rahmen von Projekten durchgeführt. Mit der aktualisierten Paratuberkulose-Leitlinie innerhalb der Wiederkäuerhygiene-Leitlinie wird dem rinderhaltenden Betrieb ein wichtiges Werkzeug zur längerfristigen Sanierung dieser bedeutenden Infektionskrankheit an die Hand gegeben.

Betriebe, die eine Paratuberkulose-Statuserhebung anstreben bzw. Betriebe, die klinische Anzeichen in ihrer Herde erkennen und am Bekämpfungsprogramm teilnehmen wollen, setzen sich bitte mit dem Rindergesundheitsdienst der Sächsischen Tierseuchenkasse in Verbindung.


 Kontakt zum Rindergesundheitsdienst
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