Tierschutzgerechter Einsatz von Köderfischen beim Raubfischangeln

  1. Einleitung

Die gesellschaftliche Sicht auf den Tierschutz hat sich in den letzten Jahren durch die fortschreitende Urbanisierung der Bevölkerung gewandelt. Bei Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) im Deutschen Kaiserreich im Jahr 1900 wurden Tiere ursprünglich als „Sache“ eingestuft.  Spätestens nach der Novelle des Tierschutzgesetzes von 1986, in der die „Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf“ postuliert wurde, musste selbst diese alte Regelung im BGB revidiert werden. Der heute gültige Paragraf 90a BGB sagt entsprechend aus: „Tiere sind keine Sachen. Sie werden durch besondere Gesetze geschützt.“

Der veränderte Blick auf das Tierwohl hatte und hat auch auf den Umgang mit Fischen erhebliche Auswirkungen. In Anwendung des Grundsatzes des § 1 des Tierschutzgesetzes, dass „niemand … einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen“ (darf), hat sich auch der Anspruch an die Berufs- und Angelfischerei gewandelt. Dies betrifft sowohl die Frage nach dem  Angeln an sich, wie auch  den Einsatz  und Umgang mit Köderfischen. Dass der Einsatz von lebenden Köderfischen, die minuten- oder sogar stundenlang am Angelhaken zappeln und denen dabei Leiden bzw. Schäden zugefügt werden, heutzutage verboten ist, steht sicher außer Frage.  Jedem Angler ist klar, dass auch mittels toten Ködern und der entsprechenden Technik Raubfische gefangen werden können. Konsequenterweise ist der Einsatz von lebenden Köderfischen heute in Sachsen per Gesetz untersagt. Nach § 6 der Sächsischen Fischereiverordnung (SächsFischVO) sind Köderfische vor dem Anbringen an den Angelhaken waidgerecht zu töten. Im Zusammenhang mit Kontrollen durch die Fischereiaufsicht stellte sich in der Vergangenheit die Frage, woran einerseits der Kontrolleur sicher erkennen kann, wann es sich um einen waidgerecht getöteten Köderfisch handelt und andererseits, was seitens des Anglers als waidgerechte Tötungsmethode anerkannt wird.


  1. Fang von Köderfischen

Nach § 19 Abs. 1 Sächsischen Fischereigesetzes (SächsFischG) kann Anglern der Fang von Köderfischen per Erlaubnisvertrag (= Angelkarte) übertragen werden. Das ist bei allen Mitgliedsverbänden des Landesverbandes Sächsischer Angler (LVSA) erfolgt. Die in den Mitgliedsverbänden des LVSA organisierten Angler dürfen demnach gemäß § 6 Abs. 2 SächsFischVO in der Zeit vom 1. Mai bis 31. Januar Köderfische mit einem Senknetz mit einer Seitenlänge von bis zu 1,50 m fangen.


  1. Töten von Köderfischen

Für den Fang anderer Fische dürfen  nur tote Köderfische verwendet werden.

Wie ein Fisch tierschutzgerecht betäubt werden sollte, regelt die Tierschutzschlachtverordnung (TierSchlV). Die dort aufgeführten Methoden gelten u.a. im Zusammenhang mit dem Schlachten oder Töten bei Fischen und können auch auf das Betäuben von Köderfischen angewendet werden.

In Anwendung  der Tierschutzschlachtverordnung besteht das Töten für Wirbeltiere immer aus dem zusammenhängenden Vorgang von Betäuben und unmittelbarem Entbluten bzw. Schlachten.  Als zulässige Betäubungsverfahren für Köderfische kommt für die Angler in der Praxis nur ein stumpfer Schlag auf den Kopf in Frage, auch eine elektrische Betäubung wäre möglich ist aber unter Beachtung aller gesetzlichen Vorschriften nicht praktikabel. Aale dürfen anschließend durch einen die Wirbelsäule durchtrennenden Stich dicht hinter dem Kopf getötet werden. Dabei empfiehlt sich der Einsatz sogenannten Aaltöters. 

Köderfische sind so zu betäuben, dass sie schnell und unter Vermeidung von Schmerzen oder Leiden in einen bis zum Tod anhaltenden Zustand der Empfindungs- und Wahrnehmungslosigkeit versetzt werden. Der betäubende Kopfschlag darf deshalb nur erfolgen, wenn anschließend und möglichst rasch das vollständige Entbluten erfolgt oder in Ausnahmefällen (bei sehr kleinen Fischen) ein die Wirbelsäule unmittelbar hinter dem Kopf durchtrennender Schnitt erkennbar ist. Um wiederum vermeidbare Leiden zu minimieren, ist der Kopfschlag mit einem geeigneten Gegenstand und ausreichend kräftig auszuführen. Für Köderfische eignet sich ein „Fischtöter“ aus dem Angelladen oder im Notfall die schmale Seite eines Messerhefts. Ein sicheres Zeichen der ausreichenden Betäubung ist das Ausbleiben des Augendrehreflexes.

Sofort nach dem Betäuben ist mit dem Entbluten zu beginnen oder der oben genannte Schnitt zu setzen. Die Entblutung hat zu erfolgen, solange das Tier empfindungs- und wahrnehmungsunfähig ist. Für die in der Regel nur wenige Zentimeter langen Köderfische hat die Entblutung am einfachsten durch einen Kehlschnitt mittels Schere oder Messer zu erfolgen. Der Kehlschnitt oder Kiemenbogenrundschnitt stellt sicher, dass  die lebenswichtigen Blutgefäße zwischen Kiemen und Herz durchtrennt werden und die Entblutung möglichst schnell erfolgt. Ein sogenannter Herzstich kann das nicht gewährleisten. Niemand ist bei kleinen Fischen in der Lage, von außen die Position des Herzens eindeutig zu  bestimmen. Außerdem erfolgt die Durchblutung des einfach konstruierten Herzens bei den wechselwarmen Fischen sehr langsam und die vorhandene Blutmenge ist sehr gering.  

Die Anwendung des für die Tötung von (kleinen) Köderfischen zu fordernden Entblutungsschnitts, der nur unter den oben genannten Ausnahmen immer erfolgen sollte, hat eigentlich nur Gewinner:

  1. Der Angler handelt gemäß den gesellschaftlichen Erwartungen verantwortungsvoll gegenüber der Kreatur und verhält sich damit tierschutzgerecht.
  2. Der Angler kann sich sicher sein, bei einer Kontrolle durch die Fischereiaufsicht nicht in den Verdacht zu geraten, mit einem lebenden oder nicht sachgerecht getöteten Köderfisch zu angeln und verhindert somit die Eröffnung eines unnötigen Ordnungswidrigkeiten- oder sogar Strafverfahrens.

  1. Praktischer Einsatz von Köderfischen

Als Köderfische dürfen alle im gleichen Gewässer gefangenen Fische genutzt werden, die keine Schonzeit haben. Art und Größe des (immer toten!) Köderfischs richten sich nach der Zielfischart. Üblicherweise werden solche Fische als Köder eingesetzt, die der Angler nicht selbst als Lebensmittel verwerten kann.

Köderfische müssen nach § 12 Abs. 3 SächsFischVO in dem Gewässer verwendet werden, in dem sie gefangen worden sind. Diese Vorschrift ist aus seuchenhygienischen Gründen unabdingbar und soll die Übertragung von Fischkrankheiten verhindern.

Versteht man den Hintergrund der genannten Gesetzesvorschrift, wird im Umkehrschluss klar, dass handelsübliche, zum menschlichen Verzehr zugelassene und konservierte Fische grundsätzlich zum Köderfischangeln verwendet werden können, auch und obwohl sie natürlich nicht aus dem Gewässer stammen, aus dem sie gefangen wurden. So könnte z.B. ein Salzhering aus der Ostsee sehr wohl als Köder eingesetzt werden, wie auch die konservierten Köderfische aus dem Angelzubehörladen. Hier empfiehlt sich in jedem Fall anhand der vorhandenen Verpackung beweisen zu können, dass der Köderfisch erworben worden ist.

Abschließend sei angemerkt, dass Angler, die im Sinne des Tierschutzes verantwortungsbewusst handeln und die hier beschriebenen Regelungen und Hinweise beachten, mittels totem Köderfisch oder Teilen von diesem weiter erfolgreich auf Raubfische angeln können und sollen. Petri Heil!


Dr. Gert Füllner, Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Fischereibehörde

Dr. Grit Bräuer, Sächsische Tierseuchenkasse, Fischgesundheitsdienst

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