Das neue EU-Tiergesundheitsrecht – Auswirkungen auf Programme der Tierseuchenkasse

Der Tiergesundheitsrechtsakt (Animal Health Law, AHL = Verordnung (EU) 2016/429)

mitsamt seinen zahlreichen Delegierten Verordnungen, Durchführungsverordnungen und Durchführungsbeschlüssen ist ein mehrere Tausend Seiten umfassendes Konvolut, das das Tierseuchenrecht seit dem 21.4.2021 EU-weit verbindlich regelt.


Einige Teile gelten für Land- und Wassertiere, andere Teile beziehen sich ausschließlich auf Landtiere (von den bei der Tierseuchenkasse meldepflichtigen Tierarten betrifft dies Pferde, Rinder, Schafe, Ziegen, Schweine, Geflügel und Bienen). Mit diesem EU-Rechtsrahmen wurden einheitliche Regelungen für die Tierseuchenprophylaxe und -bekämpfung in allen Mitgliedstaaten geschaffen. Gleichzeitig wurde das bis dahin geltende Tiergesundheitsgesetz (Gesetz zur Vorbeugung vor und Bekämpfung von Tierseuchen vom 22. Mai 2013) außer Kraft gesetzt und Bundesverordnungen gelten nur noch insoweit, wie sie dem EU-Recht nicht entgegenstehen.


Tierseuchen werden gemäß Artikel 1 der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882 der Kommission kategorisiert. Die im AHL vorgesehenen Seuchenpräventions- und Bekämpfungsbestimmungen unterscheiden sich in Abhängigkeit der Kategorisierung gemäß Art. 9 (EU) 2016/429:

  1. a) Gelistete Tierseuchen, die nicht in der Union auftreten und für die unmittelbare Tilgungsmaßnahmen ergriffen werden müssen (Seuchen der Kategorie A)
  2. b) Gelistete Tierseuchen, die in allen Mitgliedstaaten bekämpft werden müssen, mit dem Ziel, sie in der gesamten Union zu tilgen (Seuchen der Kategorie B)
  3. c) Gelistete Tierseuchen, die für einige Mitgliedstaaten relevant sind und für die Maßnahmen getroffen werden müssen, damit sie sich nicht in allen Teilen der Union ausbreiten, die amtlich seuchenfrei sind oder in denen es Tilgungsprogramme für die jeweilige gelistete Seuche gibt (Seuchen der Kategorie C)
  4. d) Gelistete Tierseuchen, gegen die Maßnahmen getroffen werden müssen, um ihre Ausbreitung im Zusammenhang mit dem Eingang in die Union oder mit Verbringungen zwischen den Mitgliedstaaten zu verhindern (Seuchen der Kategorie D). Die unter den Buchstaben a, b und c genannten gelisteten Seuchen gelten jeweils auch als Seuchen der Kategorie D.
  5. e) Gelistete Tierseuchen, die innerhalb der Union überwacht werden müssen (Seuchen der Kategorie E). Die unter den Buchstaben a, b und c genannten gelisteten Seuchen gelten jeweils auch als Seuche der Kategorie E.

Einen Überblick über die empfänglichen Arten und Artengruppen sowie Überträgerarten für gelistete Tierseuchen liefert der Anhang, Tabelle gemäß Artikel 2 der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882. Demnach werden Tierseuchen in die Kategorien A bis E eingeordnet.

Die für Landtiere gelisteten Seuchen, die in Sachsen relevant sind, sind in Tabelle 1 dargestellt.

Die Verordnung (EU) 2016/429 sieht vor, dass die Mitgliedstaaten obligatorische Tilgungsprogramme für gelistete Seuchen der Kategorie B und optionale Tilgungsprogramme für gelistete Seuchen der Kategorie C aufstellen und dass diese Programme von der Kommission genehmigt werden. Ferner ist festgelegt, dass die Kommission den Status „seuchenfrei“ oder den Status der Nichtimpfung innerhalb der Mitgliedstaaten oder Zonen oder Regionen dieser Mitgliedstaaten in Bezug auf bestimmte gelistete Seuchen der Kategorien A, B und C genehmigt.


Die Delegierte Verordnung (EU) 2020/687 der Kommission vom 17. Dezember 2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates enthält Vorschriften für die Prävention und Bekämpfung bestimmter gelisteter Seuchen. Der Geltungsbereich dieser Verordnung umfasst Seuchenbekämpfungsmaßnahmen in Bezug auf Seuchen der Kategorie A bei Land- und Wassertieren sowie bestimmte Seuchenbekämpfungsmaßnahmen in Bezug auf Seuchen der Kategorien B und C. Bei Seuchen der Kategorien B und C sollten diese Seuchenbekämpfungsmaßnahmen in Verbindung mit den Vorschriften für Überwachung und Tilgung gemäß der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 der Kommission angewendet werden.


Die Delegierte Verordnung (EU) 2020/689 der Kommission ergänzt die Vorschriften über Tilgungsprogramme und den Status „seuchenfrei“ in Bezug auf bestimmte gelistete Seuchen von Land-, Wasser- und sonstigen Tieren gemäß der Verordnung (EU) 2016/429. Insbesondere werden Kriterien für die Gewährung des Status „seuchenfrei“ für Mitgliedstaaten oder Zonen oder Kompartimente dieser Mitgliedstaaten und die Anforderungen für die Genehmigung von Tilgungsprogrammen für Mitgliedstaaten oder Zonen oder Kompartimente dieser Mitgliedstaaten festgelegt.

Für die Zwecke der Berichterstattung innerhalb der Union über gelistete Seuchen gemäß Artikel 20 der Verordnung (EU) 2016/429 wird in der Durchführungsverordnung (EU) 2020/2002 der Kommission vom 7. Dezember 2020 festgelegt, in welchem Umfang Angaben über den Nachweis gelisteter Seuchen der Kategorie E und über Tilgungsprogramme gemacht werden sollten.

Alle bisherigen anerkannten Tilgungsprogramme und als seuchenfrei anerkannten Mitgliedstaaten oder Zonen oder Kompartimente dieser Mitgliedstaaten sind in der Durchführungsverordnung (EU) 2021/620 der Kommission aufgeführt.


Tabelle 1: Liste der für sächsische Betriebe relevanten Tierseuchen (gemäß Anhang der Durchführungsverordnung (EU)2018/1882 der Kommission)

Bezeichnung der gelisteten Seuche

Rind

Schaf

Ziege

Geflügel

Pferd

Schwein

Bienen

betreffendes gemeinsames Programm des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt und der Sächsischen Tierseuchenkasse

Infektionen mit Brucella abortus, B. melitensis, B. suis

B + D + E

B + D + E

B +D + E

 

 

D + E

 

Abort-Programm

Paratuberkulose

E

E

E

 

 

 

 

ParaTB-Programm

Infektiöse Bovine Rhinotracheitis/Infektiöse Pustulöse Vulvovaginitis

C + D + E

 

 

 

 

 

 

BHV1-Programm

Q-Fieber

E

E

E

 

 

 

 

Q-Fieber-Programm

Bovine Virus Diarrhoe

C + D + E

 

 

 

 

 

 

BVD-Programm

Enzootische Leukose der Rinder

C + D + E

 

 

 

 

 

 

Abrechnung tierärztliche Leistung laut Beihilfesatzung

Infektionen mit dem Virus der Blauzungenkrankheit (Serotypen 1-24)

C + D +E

C + D +E

C + D +E

 

 

 

 

Beihilfen laut Beihilfesatzung für Impfung und Blutprobenentnahme (Monitoring)

Infektionen mit dem Mycobakterium-tuberculosis-Komplex (M. bovis, M. caprae, M. tuberculosis)

B +D +E

E

E

 

E

E

 

Beihilfe laut Beihilfesatzung für Untersuchungsleistungen

Infektiöse Epididymitis (Brucella ovis)

 

D + E

D + E

 

 

 

 

 

Bovine genitale Campylobakteriose

D + E

 

 

 

 

 

 

Programm zur zuchthyg. Vatertierüberwachung, RL

Trichomonadose

D + E

 

 

 

 

 

 

Programm zur zuchthyg. Vatertierüberwachung, RL

West-Nil-Fieber

 

 

 

 

E

 

 

WNV-Programm

Ansteckende Pferdemetritis

 

 

 

 

D + E

 

 

Abortprogramm

Fruchtbarkeit

Ansteckende Blutarmut der Einhufer

 

 

 

 

D + E

 

 

EIA- Programm

Infektion mit dem Virus der Equinen Viralen Arteritis

 

 

 

 

D + E

 

 

Abortprogramm

Infektion mit Salmonella gallinarum, S. arizonae

 

 

 

D + E

 

 

 

Salmonella -

Gallinarum -Pullorum – Programm

Infektion mit dem Virus der Newcastle -Krankheit

 

 

 

A + D + E

 

 

 

ND-Programm

Mycoplasmose des Geflügels (Mycoplasma gallisepticum und M.meleagridis)

 

 

 

D + E

 

 

 

 

Infektionen mit den niedrigpathogenen Viren der Aviären Influenza

 

 

 

D + E

 

 

 

 

 

Hochpathogene Aviäre Influenza

 

 

 

A + D + E

 

 

 

 

Infektion mit dem Virus der Aujeszkyschen Krankheit

 

 

 

 

 

C + D + D

 

Abortprogramm

 

Klassische Schweinepest

 

 

 

 

 

A + D + E

 

Abortprogramm

Sektionsprogramm

Afrikanische Schweinepest

 

 

 

 

 

A + D + E

 

Abortprogramm

Sektionsprogramm

Infektion mit dem Virus des seuchenhaften Spätaborts der Schweine

 

 

 

 

 

D + E

 

PRRS – Programm

Befall mit Varroa spp.

(Varroose)

 

 

 

 

 

 

C + D + E

Beihilfesatzung Agrarsektor

Amerikanische Faulbrut

 

 

 

 

 

 

D + E

 

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