Zahlreiche Ausbrüche nach Geflügelausstellung!
Das Geflügelpestgeschehen in Europa hat in den letzten Wochen deutlich abgenommen, dennoch kommt es immer wieder zu einzelnen Primärausbrüchen in Geflügelhaltungen. In der Woche vom 7. bis 14. Juli 23 waren europaweit nur 6 Bestände betroffen. Leider befand sich auch eine Gänsehaltung in Schleswig-Holstein mit über 6000 Tieren darunter, nachdem im Juni kein einzigerAusbruch in Deutschland registriert wurde. Im Gegensatz dazu verenden immer noch relativ viele Wildvögeln an dem hochpathogenen Erreger der Vogelgrippe H5/N1 (HPAI H5/N1). Das Infektionsgeschehen bei den Wildvögeln hatte sich in den letzten Monaten von Enten und Gänse auf Möwen verlagert. Das Friedrich Loeffler Institut geht davon aus, dass die bislang in Europa untersuchten HPAI H5N1-Viren bei Möwen nahezu ausschließlich dem Genotyp „gull-like BB“ der Klade 2.3.4.4b HPAIV H5 angehören, welcher (vermutlich in Frankreich) aus einem Reassortierungsereignis (Austausch von Gensegmenten) von H5N1 und einem an Möwen adaptierten Aviären Influenzavirus des Subtyps H13 hervorging und seit Juni 2022 über Europa verbreitet wurde. Dieser Genotyp war auch für HPAIV-Fälle bei Nerzen in Spanien verantwortlich. Fast 85% aller HPAIV H5N1-positiven Wildvogelproben aus 23 europäischen Ländern stammen von Möwen. Diese Adaptierung an Möwen führte zu einer massiven Ausbreitung des Virus in den betroffenen Kolonien und es starben viele Möwen. Am stärksten waren Populationen von Möwen in Bayern betroffen. Es wurden aber auch im Leipziger, Bautzener und Görlitzer Raum vermehrt tote Möwen gefunden, die an HPAI Virus verendet waren. Seit dem ersten Oktober wurden das Virus deutschlandweit bei 1096 untersuchten Wildvögeln festgestellt.
Wie bereits zu Beginn des Seuchenzuges festgestellt, beschränkte sich die Ausbreitung der Vogelgrippe nicht, wie in den letzten Jahren allein auf die Küstenregionen Norddeutschlands, sondern trat zeitnah in mehreren Bundesländern auf. Mittlerweile waren und sind alle Bundesländer von der Vogelgrippe betroffen. Trotz des abklingenden Infektionsgeschehens geht das Friedrich Loeffler Institut (FLI) in seiner aktuellen Risikoeinschätzung zum Auftreten der Vogelgrippe vom 13.06.2023 weiterhin von einer deutschlandweiten hohen Gefährdungslage aus.
„Das Risiko von HPAIV-H5-Einträgen in deutsche Geflügelhaltungen und Vogelbestände in zoologischen Einrichtungen durch direkte und indirekte Kontakte zu Wildvögeln wird als hoch eingestuft. Es wird jedoch von einem geringen Eintragsrisiko durch Verschleppung des Virus zwischen Haltungen (Sekundärausbrüche) innerhalb Deutschlands ausgegangen. Das Eintragsrisiko durch Abgabe von Lebendgeflügel im Reisegewerbe oder Geflügelausstellungen innerhalb Deutschlands und Europas wird als moderat eingestuft. Für Wassergeflügelhaltungen in Deutschland wird das Risiko des unerkannten Zirkulierens von HPAI H5-Viren und demzufolge auch der Verbreitung zwischen Geflügelbeständen ebenfalls als moderat eingeschätzt.“ Die Risikobewertung zur Einschleppung und Auftreten von HPAI können Sie ausführlich auf der Internetseite des FLI unter www.fli.de lesen.
Insgesamt wurden in Deutschland 201 Ausbrüche der Geflügelpest in 14 Bundesländer festgestellt (siehe Tabelle). Eine Verteilung der Ausbrüche auf die einzelnen Monate sind in den Grafiken „Aviäre Influenza – positive Wildvögeln in Deutschland“ und „Aviäre Influenza – positive Haltungen in Deutschland“ dargestellt.
Mit Blick auf die bevorstehende Saison der Rassegeflügelausstellungen und um zu vermeiden, dass sich ein Geflügelpestgeschehen, wie in der letzten Saison mit mehr als 100 betroffenen Haltungen wiederholt, empfiehlt das Friedrich-Loeffler-Institut, dass Geflügel- und Vogelausstellungen nur unter Einhaltung strengster Biosicherheitsregeln stattfinden. Ein Zusammenbringen von Geflügel verschiedener Haltungen über mehrere Tage sollte unbedingt vermieden werden. Tiere die im Rahmen von Ausstellungen erworben werden sollten zunächst für 2 Wochen an einem separaten Ort in Quarantäne gehalten werden.
Das FLI hat noch einmal darauf hingewiesen, dass alle Geflügelhalter unabhängig von der Größe der Geflügel- oder Vogelhaltung unbedingt die Biosicherheitsmaßnahmen überprüfen und gegebenenfalls verbessern sollten. Tierhalter können ihre Biosicherheit mittels der so genannten „AI-Risikoampel‟ (https://risikoampel.uni-vechta.de/) kostenlos und anonym überprüfen.
Das Europäische Tiergesundheitsrecht (Verordnung EU 2016/429), das am 21.04.2021 in Kraft getreten ist, betont die Verantwortung der Tierhalter für die Gesundheit der gehaltenen Tiere, die unabhängig von der Anzahl der Tiere ist. Nach Artikel 10 ist jeder Tierhalter verpflichtet, das Risiko hinsichtlich der Ausbreitung von Seuchen zu minimieren.
Damit auch Rassegeflügelhalter ihrer Verpflichtung zur Umsetzung von sachgerechten Biosicherheitsmaßnahmen nachkommen können, gibt es aus verschiedenen Fachgremien Empfehlungen für wirksame Maßnahmen, eine Seuchenverschleppung zu vermeiden.
Hier noch einmal Informationen, die dazu dienen sollen, die eigene Haltungshygiene und die seuchenhygienische Abschirmung zu überprüfen und vorhandene Defizite zu erkennen und zu beseitigen.
AI Ausbrüche Saison 22/23 vom 01.10. - 20.07.2023
Bundesland | Ausbrüche | infizierte, verendete und getötete Tiere | ||||||
Hühner | Masthähnchen | Puten | Enten | Gänse | Sonstige | Summen | ||
Baden-Württemberg | 3 | 0 | 0 | 8.672 | 0 | 0 | 78 | 8.750 |
Bayern | 15 | 61.598 | 3 | 20.127 | 69.619 | 59 | 67 | 151.473 |
Berlin | 1 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 1.207 | 1.207 |
Brandenburg | 7 | 5.079 | 138 | 177 | 10 | 15 | 138 | 5.557 |
Bremen | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | |
Hamburg | 2 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 50 | 50 |
Hessen | 5 | 59 | 0 | 9.312 | 83 | 3 | 67 | 9.524 |
Mecklenburg-Vorpommern | 69 | 7.620 | 0 | 23.996 | 1.315 | 410 | 323 | 33.664 |
Niedersachsen | 23 | 28.627 | 60.910 | 144.447 | 10.762 | 50 | 0 | 244.796 |
Nordrhein-Westfalen | 30 | 201.896 | 345 | 22.193 | 10.906 | 5.160 | 179 | 240.679 |
Rheinland-Pfalz | 8 | 954 | 0 | 0 | 49 | 17 | 317 | 1.337 |
Saarland | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | |
Sachsen | 3 | 619 | 0 | 0 | 136 | 57 | 0 | 812 |
Sachsen-Anhalt | 7 | 282 | 0 | 9613 | 153 | 59 | 690 | 10.797 |
Schleswig-Holstein | 14 | 27.805 | 3326 | 0 | 17.016 | 8.427 | 0 | 56.574 |
Thüringen | 14 | 607 | 0 | 8 | 266 | 85 | 182 | 1.148 |
Summen | 201 | 335.146 | 64.722 | 238.545 | 110.315 | 14.342 | 3.298 | 766.368 |
Hier noch einmal Informationen, die dazu dienen sollen, die eigene Haltungshygiene und die seuchenhygienische Abschirmung zu überprüfen und vorhandene Defizite zu erkennen und zu beseitigen.
1. Stallumgebung:
Eine gute Hygiene beginnt bereits im Umfeld des Stalles. Die Umgebung der Ställe sollte aufgeräumt sein und nicht als Lagerplatz dienen. Dort abgelagerte Materialien, wie Holz und Baustoffe, aber auch dichter Bewuchs mit Gestrüpp, machen das Gebiet um die Ställe für Schadnager attraktiv und dienen ihnen als Deckung und Nistplatz. Es ist dann nur noch eine Frage der Zeit, wann sich die Schadnager einen Zugang in den Stall verschaffen und somit auch Krankheitserreger eintragen können.
Befestigte Bereiche (Betonplatten) vor den Eingängen ermöglichen eine wirkungsvolle Reinigung und Desinfektion, so dass weniger Dreck in die Ställe geschleppt wird.
Ställe sind verschlossen zu halten, um das Eindringen von Unbefugten zu verhindern.
2. Volieren und Ausläufe:
Die Volieren oder Kaltscharräume sind abzudecken, damit es keine Kontamination durch herabfallenden Vogelkot geben kann. Für den Zaun ist eine Maschenweite zu wählen, durch die keine Vögel durchschlüpfen können. Der Zaun muss vogeldicht sein! Bei einer Freilandhaltung besteht durch den Auslauf, in dem sich auch Wildvögel und andere Tiere aufhalten können, ein besonderes Gefährdungspotenzial. In Ausläufen darf kein Futter angeboten werden, damit das Anlocken von Wildvögel vermieden wird. Vertiefungen, in denen sich Oberflächenwasser sammeln kann, müssen aufgefüllt werden. Falls keine separaten Auslaufluken vorhanden sind und die Tiere nur durch geöffnete Türen in den Auslauf können, sind diese durch Planen bis auf 40 Zentimeter über dem Boden abzuhängen, um das Einfliegen von Wildvögeln in den Stall zu vermeiden. Sollte eine Aufstallungspflicht erlassen werden, muss man sich an den Vorgaben des Erlasses orientieren.
3. Stallvorraum:
Falls ein Vorraum vorhanden ist, sollte dieser als „Hygieneschleuse“ dienen und nur Gegenstände enthalten, die für die Betreuung der Tiere nötig sind.
Der Vorraum sollte unterteilt werden, um eine deutliche Trennung zwischen dem Schwarzbereich zu erreichen, der mit Straßenschuhen betreten werden kann und dem Weißbereich, der nur mit Stallschuhen betreten werden darf (z. B. Abtrennung einer Fläche vor der Stalltür durch einen Rahmen oder aufstellen einer Bierbank, hinter der die Stallschuhe stehen). Für den Aufenthalt im Stall sollte auch stalleigene Kleidung verwendet werden. Falls im Stallgebäude ein Handwaschbecken vorhanden ist, sollte dieses auch genutzt werden. Immer daran denken, vor dem Betreten und nach dem Verlassen des Stalles die Hände mit Seife waschen. Sollte die Bedrohung durch die Geflügelpest steigen, empfiehlt es sich, eine Desinfektionswanne am Eingang aufzustellen. Sie sollte so platziert werden, dass sie nicht übersehen werden kann. Diese ist bei Verschmutzung zu reinigen und mit einem geeigneten Desinfektionsmittel (Venno Vet super, Wofasteril usw.) in wirksamer Konzentration neu zu befüllen. Nur saubere Desinfektionswannen sind funktionstüchtig!
4. Personenhygiene:
Um die Gefahr des Viruseintrags durch Personen zu minimieren, ist unbefugten Personen der Zugang zu den Ställen zu verwehren und kann durch Schilder „Wertvoller Tierbestand - Unbefugten Personen ist der Eintritt verboten“ gekennzeichnet werden.
In jedem Bereich sind stalleigene Schutzkleidung und Schuhe zu tragen (siehe Hygieneschleuse). Bei der Haltung verschiedener Tierarten, wie zum Beispiel Legehennen, Enten usw., ist - wenn möglich- auf eine strikte Trennung der betreuenden Personen je Tierart zu achten. Bitte auch die Familienmitglieder über die Bedeutung der Maßnahmen informieren. Personalhygiene gilt für alle! Betriebsfremde Personen,
die den Stall betreten müssen, wie zum Beispiel der betreuende Tierarzt, haben Schutzkleidung anzulegen und sich in eine Besucherliste einzutragen.
5. Schadnagerbekämpfung:
Schadnager stellen ein hohes Risiko für die Verschleppung verschiedener Krankheitserreger dar.
Alle Öffnungen und Ritzen, durch die Mäuse in den Stall eindringen können, sind zu verschließen und Rückzugsgebiete auf dem Betriebsgelände (siehe Stallumgebung) zu beseitigen.
Die Schadnagerbekämpfung ist konsequent durchzuführen und sollte bei Bedarf einem Spezialisten übertragen werden. Zu einer professionellen Schadnagerbekämpfung gehört eine ausreichende Anzahl von Köderboxen und deren regelmäßige Kontrolle. Zur Übersicht sollten die Kontrollen und die Bekämpfung dokumentiert werden. Zu beachten ist auch, dass Mäuse den Raum dreidimensional nutzen. Deshalb ist es sinnvoll, Köder auch auf Balken oder Simsen an den Wänden auszubringen. Eine Rattenbekämpfung sollte mit den angrenzenden Tierhaltern abgesprochen werden, da Ratten im Gegensatz zu Mäusen zwischen den Haltungen wandern.
6. Tränk- und Futterhygiene:
Futter ist so zu lagern, dass eine Kontamination durch Wildvögel oder Schadnager ausgeschlossen werden kann. Wird Futter lose oder in Futtersäcken gelagert, ist es in einer geschlossenen Kammer aufzubewahren. Verstreute Futterreste auf dem Gelände sind zu vermeiden, damit keine Wildvögel angelockt werden.
Grünschnitt und sonstige Pflanzen sind nur als Grünfutter zu verwenden, wenn man sicher eine Kontamination mit infektiösem Material (Kot und Sekrete) ausschließen kann. Bei der aktuellen Infektionslage sollte besser darauf verzichtet werden.
7. Sonstige Hygienemaßnahmen:
Das Einstreumaterial muss so gelagert werden, dass keine Kontamination durch Wildvögel, Schadnager oder Haustiere erfolgt.
8. Maßnahmen bei erhöhten Verlusten nach der Geflügelpestverordnung:
Treten innerhalb von 24 Stunden in einem Geflügelbestand Verluste von
- mindestens drei Tieren bei einem Bestandsgröße von bis zu 100 Tieren oder
- mehr als 2 % der Tiere des Bestandes bei einer Bestandsgröße von mehr als 100 Tieren
auf oder kommt es zu einer erheblichen Veränderung der Legeleistung oder der Gewichtszunahme, so hat der Tierhalter unverzüglich das Veterinäramt zu informieren und durch einen Tierarzt das Vorliegen einer Infektion mit einem hoch- oder niedrigpathogenen AI Virus ausschließen zu lassen.
Treten bei Beständen mit Enten und Gänsen über einen Zeitraum von mehr als 4 Tagen
- Verluste von mehr als der dreifach üblichen Sterblichkeit der Tiere des Bestandes oder
- eine Abnahme der üblichen Gewichtszunahme oder Legeleistung von mehr als 5 % ein,
so hat der Tierhalter unverzüglich das Veterinäramt zu informieren und durch einen Tierarzt das Vorliegen einer Infektion mit einem hoch- oder niedrigpathogenen AI Virus ausschließen zu lassen.
All diese Maßnahmen dienen dazu, die Haltungs- und die Seuchenhygiene zu optimieren, um somit die Gefahr eines Eintrags von Aviären Influenzaviren oder anderen Krankheitserregern in die Tierhaltung zu minimieren. Unabhängig von den aufgeführten Empfehlungen sind die Vorgaben der geltenden Geflügelpestverordnung und die Anweisungen der zuständigen Veterinärbehörden einzuhalten. Die Veterinärbehörden haben risikobasierte Maßnahmepläne erstellt. Bei steigendem Infektionsrisiko sollten sich Geflügelhalter bei ihren zuständigen Behörden über notwendige Maßnahmen informieren und ob für ihre Tiere eine Aufstallungspflicht besteht.
Weitere Informationen zu Schutzmaßnahmen gegen die Vogelgrippe und aktuelle Meldungen zur Aviären Influenza sind über folgende Internetseiten und Ihre zuständigen Behörden zu erhalten.