Hufrehe (Laminitis)

Die Hufrehe ist eine wichtige Lahmheitsursache.

Die Nutzungsdauer des Pferdes kann enorm verkürzt und im Einzelfall sogar eine Euthanasie erforderlich werden.

Entstehung

Das gesamte Gewicht des Pferdes wird von seinen 4 Hufen und deren Halteapparat getragen. Der Halteapparat des Hufes besteht aus zwei Anteilen von rund 600 schmalen, blattartigen Lamellen. Die äußeren (epidermalen) Lamellen ragen von der Innenseite des Hufes heraus und verbinden sich mit den inneren (dermalen) Lamellen, welche wiederum am Hufbeinknochen befestigt sind. Somit lassen diese Lamellen das Hufbein innerhalb der Hufkapsel „schweben“. Die Hufrehe resultiert aus einer Lockerung der Verbindung der beiden Lamellentypen. Dadurch ist das Hufbein nicht länger sicher innerhalb der Hufkapsel verankert. Durch das Gewicht des Pferdes sowie die Kräfte während der Bewegung des Hufes kann das nun in seiner Aufhängung gelockerte Hufbein nach unten in Richtung Hufsohle absinken und/oder sich innerhalb der Hufwand um die eigene Achse drehen. Am Ende drückt die Hufbeinspitze auf die Sohle oder kann diese im Extremfall sogar durchbrechen. Dabei können Blutgefäße und Nerven gequetscht oder abgerissen werden.


Ursachen

Für die Hufrehe gibt es verschiedene Ursachen. Einige der häufigsten sind:

  • exzessive Futteraufnahme (vor allem Kohlenhydrate wie z.B. Fruktane),
  • Toxine im Blut von kranken Pferden (z.B. bei Durchfall, Kolik, Nachgeburtsverhaltung oder Gebärmutterentzündung),
  • und Überbelastung.

Die Hufrehe kann auch bei Pferden mit Equinem Metabolischem Syndrom (EMS), Insulinresistenz (IR) oder Equinem Cushing Syndrom (ECS) auftreten.

Die genauen Mechanismen, die zur Entwicklung einer Hufrehe führen, sind noch weitestgehend unklar und werden intensiv erforscht. Die Veränderungen im Huf sind jedoch unabhängig von der Ursache gleich.


Klinische Anzeichen

In akuten Fällen zeigen die Pferde plötzlich eine Unlust bzw. Unfähigkeit zu gehen, eine schmerzbedingte erhöhte Atemfrequenz sowie weit unter den Körper gestellte Hintergliedmaßen und nach vorn herausgestellte Vorderextremitäten. Die Hufe sind warm und die Mittelfußarterien pulsieren stark. Die Untersuchung der Hufsohle mittels Hufzange ist sehr schmerzhaft.

In vielen Fällen sind nur die Vorderhufe betroffen. Bei einer Überbelastungsrehe z.B. bei starker Lahmheit kann nur die gegenüber liegende Gliedmaße betroffen sein. Die Hufrehe kann jedoch auch an allen vier Hufen auftreten. Betroffene Pferde liegen viel und weigern sich evtl. aufzustehen.

Die Symptome sind bei milderem Verlauf der Erkrankungen weniger deutlich ausgeprägt. Diese Pferde sind weniger lahm, meiden jedoch harten Boden, insbesondere bergab und haben ebenfalls warme Hufe mit pulsierenden Mittelfußarterien.


Diagnose

Der Tierarzt wird die Vorgeschichte des Pferdes aufnehmen, das Tier klinisch untersuchen und Röntgenbilder von den betroffenen Gliedmaßen anfertigen. Er stellt die Diagnose, beurteilt den Schweregrad und entwirft einen optimalen Therapieplan.

Pferde mit Hufrehe dürfen nicht wie bei der normalen Lahmheitsuntersuchung üblich getrabt werden, da dadurch die Erkrankung verstärkt werden kann.

Zu Grunde liegende Hormonstörungen sollten durch spezielle Laboruntersuchungen abgeklärt werden.


Behandlung

Das plötzliche Auftreten einer akuten Hufrehe ist als medizinischer Notfall zu betrachten!

Bei Verdacht auf Hufrehe ist der Tierarzt zu rufen und das Pferd darf nicht zur Bewegung gezwungen werden. Wenn möglich sollte das betroffene Tier langsam in eine Box mit dicker, weicher Einstreu geführt werden.

Die drei Hauptziele bei der Therapie sind:

  1. die Minimierung der mechanischen Zerstörung der geschwächten Lamellen,
  2. die Verminderung der Schmerzen und wenn möglich
  3. die Behandlung der Erkrankungsursache.

Die betroffenen Hufe müssen in den ersten Tagen konsequent gekühlt werden. Darüber hinaus sollte eine Anhebung der Trachten erfolgen, um den Zug der tiefen Beugesehen am Hufbein zu verringern. Die Minimalisierung des mechanischen Traumas im Huf durch Hufbearbeitung, Hufschuhe oder Hufbeschlag auch in der weiteren Behandlung sind wichtige Eckpfeiler in der Therapie. Im akuten Fall wird zusätzlich eine weiche Unterlage unter der Sohle empfohlen, die den Strahl bzw. das Hufbein unterstützt.

In chronischen Fällen können mehrere, auf den speziellen Huf zugeschnittene Maßnahmen helfen das Pferd möglichst schmerzarm zu halten.

Um die Schmerzen zu kontrollieren, werden den Pferden Schmerzmittel verabreicht. Die Anwendung muss dosiert erfolgen, da sich ein Pferd, das weniger Schmerz fühlt, auch mehr bewegt und somit zusätzliche  Schäden im Huf verursacht werden können.

Bei hormonellen Störungen (z.B. Equinem Cushing Syndrom) ist eine spezielle medikamentöse Therapie angezeigt.

Übergewichtige Pferde müssen zunächst durch Futterrestriktion und nach überstandener Erkrankung durch zusätzliche Bewegung auf Normalgewicht gebracht werden.


Prognose

Die Prognose ist abhängig von der Krankheitsdauer, der Krankheitsstärke und der Ursache für die Hufrehe sowie der Anzahl der betroffenen Gliedmaßen.

Um die Prognose sicherer abschätzen zu können, sollten regelmäßige Verlaufskontrollen durch den Tierarzt erfolgen, evtl. weitere Röntgenaufnahmen von den Zehen angefertigt und nötigenfalls die Behandlungsstrategie angepasst werden.


Prophylaxe

Nicht alle Fälle von Hufrehe können verhindert werden, jedoch kann die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung durch folgende Maßnahmen gemindert werden:

-          Halten des Pferdes in einer guten Körperkondition (kein Übergewicht, Rippen nicht sichtbar aber deutlich fühlbar)

-          Restriktion der Grasaufnahme vor allem im Frühjahr und im Herbst (z.B. mittels eines Fressmaulkorbes)

-          Elimination bzw. Minimierung von Kraftfutter

-          für Pferde unzugängliche Verwahrung der Kraftfuttermittel

-          regelmäßige, professionelle Hufpflege

-          regelmäßige Bewegung bzw. Nutzung

Einmal an Hufrehe erkrankte Pferde besitzen ein erhöhtes Risiko, erneut zu erkranken und sollten deshalb mit besonderer Vorsicht gehalten werden.


 


Dr. Uwe Hörügel

Pferdegesundheitsdienst

SÄCHSISCHE TIERSEUCHENKASSE

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