Jahresbericht 2016 - page 14

5 . A R B E I T S B E R I C H T D E S P F E R D E G E S U N D H E I T S D I E N S T E S ( P G D )
Pferd
Die Borreliose – eine Bedrohung für Pferde?
Mit dem Sommer kommt wieder die Zecken-
saison und somit steigt die potentielle Gefahr
der Übertragung von Krankheitserregern auf
das Pferd.
1. Wie häufig ist Borreliose bei Pferden
(im Vergleich zum Menschen - zu
anderen Tieren)?
Mit dem Begriff Borreliose ist eine durch
Zecken übertragene Erkrankung gemeint, die
durch den bakteriellen Erreger Borrelia burg-
dorferi hervorgerufen wird. Da die Diagnose
sehr schwierig zu stellen ist, gibt es weder
beim Menschen noch bei Tieren verlässliche
Zahlen über das Vorkommen. Natürlicherweise
ist das Lebewesen am meisten gefährdet,
das am häufigsten von Zecken befallen wird.
Dazu gehören in erster Linie Hunde und Pferde.
Anhand von serologischen Studien, d.h. von
Messungen der Antikörper gegen die Borrelien,
kann abgeschätzt werden, welche Lebewesen
am häufigsten Kontakt mit dem Erreger hatten.
So gibt es Studien aus Deutschland, in denen
beim Menschen 11 %, beim Hund 16 – 36 %
und beim Pferd 16 – 30 % der untersuchten
Blutproben Antikörper aufwiesen. Hierbei
existieren jedoch regionale Unterschiede.
Bei Schafen und Rindern scheint eine Borre-
lien-Infektion meist einen asymptomatischen
Verlauf zu nehmen, und Wildtiere zeigen inte-
ressanterweise selbst bei starkem Zeckenbe-
fall keine Symptome.
2. Wie werden Borrelien übertragen (auf
die Zecke - auf das Pferd bzw. andere
Wirte)?
Die Hauptwirte der Zecken sind Wildtiere wie
Mäuse und Hirsche. Bei ihnen nehmen vor
allem die Zeckenlarven durch Blutsaugen die
Borrelien auf. Alle 3 Entwicklungsstadien der
Zecken (Larve, Nymphe, erwachsene Zecke)
können den Erreger übertragen. Die Zecken
lauern dem Wirt im Gras oder Gestrüpp auf
und werden abgestreift oder lassen sich
fallen. Sie reagieren dabei auf Vibrationen,
Gerüche und Wärme.
Von den Larven sind in Deutschland ca. 6 %
und von den erwachsenen Zecken 15 –20 %
mit Borrelien infiziert.
Es ist allerdings notwendig, dass diese min-
destens 24 - 48 Stunden am Wirt fixiert sind.
Erst dann sind sie in der Lage, die Borrelien,
die zunächst vom Darm in die Speicheldrüsen
der Zecke wandern müssen, „erfolgreich“ zu
übertragen.
3. Wie kann Borreliose am sichersten
diag­nostiziert werden?
Ob ein Pferd Kontakt mit Borrelien hatte, ist
mittels einer Blutuntersuchung auf Antikörper
gegen Borrelia burgdorferi relativ einfach fest-
zustellen. Schwieriger zu diagnostizieren ist,
ob ein Pferd akut mit Borrelien infiziert ist. Die
Höhe des Spiegels der spezifischen Antikörper
korreliert beim Pferd nicht mit dem klinischen
Befund. Deshalb muss die Diagnostik immer
unter Berücksichtigung der feststellbaren,
klinischen Veränderungen erfolgen. Ein deut-
licher Anstieg des Antikörperspiegels inner-
halb von 3 - 4 Wochen kann hinweisend sein.
Bei Verdacht auf eine akute Infektion, kann
versucht werden, den Erreger aus Blut, Urin,
Rückenmarksflüssigkeit, Gelenkflüssigkeit
oder Hautproben direkt nachzuweisen. Das
kann entweder durch den Nachweis von
Erbsubstanz des Erregers (PCR-Technik) oder
durch die noch viel schwierigere Anzüchtung
der Bakterien im Labor erfolgen. Eine eindeu-
tige Diagnose der Lyme-Borreliose am leben-
den Pferd ist problematisch bis spekulativ.
Lediglich bei der Sektion mit deutlichen
Veränderungen an den Organen und entspre-
chendem Nachweis von Borrelien ist eine
Diagnose mit größerer Sicherheit zu stellen.
4. Kommt es bei vorhandenen Antikör-
pern gegen Borrelien immer zu einer
Erkrankung?
Nein, ein Großteil von Pferden hat Kontakt mit
Borrelien und bildet Antikörper, ohne jemals
Symptome einer Borreliose zu zeigen. Das be-
stätigte sich auch bei Ponys, die experimentell
mit Borrelia burgdorferi infiziert wurden.
Da Pferde auf der Weide häufig von Zecken
befallen werden, muss aufgrund der unter 2.
dargestellten Befallshäufigkeit der Zecken mit
Borrelien grundsätzlich mit einer Erregerüber-
tragung gerechnet werden. Warum allerdings
einzelne Pferde daran erkranken und ein Groß-
teil nicht, ist bisher ein ungeklärtes Phänomen.
5. Welche Symptome können auf eine
Borreliose hinweisen?
Eine Vielfalt von Symptomen wie,
» leicht erhöhte Körpertemperatur,
» Hautveränderungen an der Einstichstelle
der Zecke,
» Steifheit und Lahmheit in mehr als einer
Gliedmaße,
» Muskelschmerzen,
» Überempfindlichkeit,
» Schläfrigkeit,
» Herzerkrankungen,
» Verhaltensänderungen,
» Ataxie
» und Augenentzündungen
werden mit der Borreliose in Verbindung
gebracht. Es gibt allerdings keine typischen
Krankheitsanzeichen.
Hohes Fieber und Schwellungen an den Glied-
maßen werden oft der Borreliose zugeordnet.
Allerdings handelt es sich dabei mit hoher
Wahrscheinlichkeit eher um eine Infektion
mit einem weiteren Bakterium (Anaplasma
phagozytophilia), da viele Zecken sowohl mit
Borrelien als auch mit Anaplasmen infiziert
sind. Die Anaplasmen-Infektion verläuft beim
Abb.: 4: Größenvergleich Zeckenstadien mit Streichholzkopf (Dr. Klaus FLI Jena)
Abb. 5: gefangene Zeckenstadien
(Bild Dr. Klaus, FLI Jena)
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