Jahresbericht 2016 - page 20

6 . A R B E I T S B E R I C H T D E S R I N D E R G E S U N D H E I T S D I E N S T E S ( R G D )
Rind
6.1 BHV1
Landesprogramm des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz und der Sächsischen
Tierseuchenkasse zum Schutz der Rinder vor Infektionen mit dem Bovinen Herpesvirus Typ 1 und zur Erhaltung
des Artikel-10-Status „BHV1-freies Gebiet“ (BHV1-Landesprogramm) vom 30. November 2016
Zielstellung:
» Ergänzung zur BHV1-Verordnung und aktueller sächsischer Rechtsvorschriften
» Sicherung der BHV1-Freiheit und Unterstützung erforderlicher Maßnahmen im Falle einer erneuten BHV1-Infektion
» Beihilfeleistungen
Für Sachsen war 2016 das erste Jahr nach
Erlangung der BHV1-Freiheit und der Umset-
zung des vollständigen Impfverbots. Dement-
sprechend groß war die Anspannung, ob die
Sicherung der BHV1-Freiheit gelingen würde.
Aufgrund der BHV1-Verordnung unterliegen
die Rinderbestände einer fortlaufenden
Überwachung, die sich in Abhängigkeit von
früheren Impfmaßnahmen unterschied-
lich gestaltet. Mutterkuhbestände werden
grundsätzlich über Blutproben untersucht.
Milchviehbestände ohne ehemals BHV1-
geimpfte Tiere können über Milchproben
überwacht werden; sollten „alte Impftiere“
im Bestand stehen, erfolgt die Überwachung
hier ebenfalls über Blutproben. Die anderen
Rinderbestände unterliegen ebenso geeig-
neten Überwachungsmaßnahmen.
In Sachsen wurden an der LUA die in Tabelle
4 aufgeführten Proben untersucht.
Tab. 4: Anzahl der BHV1-Untersuchungen 2016
an der LUA Sachsen
Methode
Material Proben
BHV1 ELISA
Blut
128.813
BHV1 ELISA
Milch
138.355
BHV1 gE - ELISA
Blut
60.765
Im Voll-Antikörper-Test in Blut oder Milch
positive bzw. fragliche Proben sind nach
den Anweisungen der zuständigen Behörde
nachzuuntersuchen und entsprechend zu be-
werten. Diese Nachuntersuchungen ergaben
keine Hinweise auf BHV1-Infektionen in den
sächsischen Beständen. Bei den Kontrollen
mittels gE-ELISA sind hingegen 80 gE-positive
und 13 gE-fragliche Befunde aufgetreten,
die alle einem Betrieb zuzuordnen waren, in
dem die BHV1-Infektion erneut festgestellt
werden musste.
Ausbruch der BHV1-Infektion in Sachsen
Das BHV1-Geschehen wurde anlässlich der
Jahresuntersuchung des Milchviehbestandes
entdeckt, wo ca. 10 % der Kühe ein positives
Ergebnis im gE-Test zeigten. Es handelt sich
um einen größeren Milchviehbetrieb, der
gleichzeitig noch eine Rindermast mit Zukauf
von Mastkälbern betreibt. Der Betrieb verfügt
über mehrere Standorte in zwei Landkreisen.
Die BHV1-Endsanierung verlief insgesamt
langwierig, 2015 konnte jedoch die BHV1-
Freiheit erreicht werden. Der Betrieb erhielt
zudem noch eine Ausnahmegenehmigung
zur Weiterführung der Impfung der Kühe bis
2015.
Die Maßnahmen in Folge des Verdachts auf
eine BHV1-Infektion wurden in Sachsen von
der obersten Veterinärbehörde koordiniert.
Die schnelle Merzung der gE-positiven Kühe,
die umfangreichen Untersuchungen an allen
Standorten, die Reinigung und Desinfektion
des Endmaststalls nach der Schlachtung aller
Mastbullen sowie zahlreiche andere Maßnah-
men stellten den Betrieb und alle beteiligten
Personen und Einrichtungen vor große He-
rausforderungen. Die komplette Tilgung des
Bestandes konnte vermieden werden, da – im
Gegensatz zu BHV1-Ausbrüchen in anderen
Bundesländern – der Anteil der infizierten
Rinder noch nicht sehr hoch war. Impfmaß-
nahmen wurden umgehend angeordnet,
ebenso die Untersuchung derjenigen Rinder-
bestände, zu denen Kontakte personeller Art
bestanden.
Obwohl die Jungviehaufzucht eine gewisse
Zeit noch aus dem Infektionsgeschehen
herausgehalten werden konnte, musste
zu einem späteren Zeitpunkt auch hier der
Ausbruch festgestellt werden. Das Infekti-
onsgeschehen lief – überraschenderweise
– mit nur leichten klinischen Symptomen ab,
die Durchseuchung hingegen erfolgte schnell
und fast vollständig. Anlässlich klinischer Un-
tersuchungen ist der Nachweis des Bovinen
Herpesvirus aus Nasentupfern gelungen. In
der Folge musste die gesamte Jungviehauf-
zucht gemerzt werden.
Seit Anfang 2016 bis zum Tag der Erstellung
dieses Berichts wurden knapp 900 Blutpro-
ben im BHV1-ELISA und fast 4000 Blutproben
im gE-ELISA untersucht.
Die epidemiologischen Nachforschungen der
Veterinärbehörden konnten die Ursache des
Geschehens bisher nicht zweifelsfrei auf­
decken. Die amtlich angewiesene Tötung der
infizierten Tiere erfolgte fast ausnahmslos
durch die Schlachtung. Die Tierseuchenkas-
se leistete den Entschädigungsbetrag, der
durch die Differenz zwischen dem Schlach-
terlös und dem gemeinen Wert des Tieres
entsteht.
Obwohl für diesen Betrieb noch nicht abzuse-
hen ist, ob die Tilgung der Tierseuche erfolg-
reich bewältigt werden kann, müssen aus die-
sem Geschehen Schlussfolgerungen gezogen
werden, die für alle Rinderhalter Bedeutung
besitzen. Neben der konsequenten Einhaltung
von Biosicherheitsmaßnahmen sei hier insbe-
sondere auf die Erkennung und umgehende
Abklärung von klinischen Symptomen einer
BHV1-Infektion hingewiesen. Neben Atem-
wegserkrankungen, Husten, Nasenausfluss,
Konjunktivitis und Tränenfluss kann auch eine
leicht fieberhafte Reaktion mit Milchrückgang
Hinweise geben. Grundsätzlich muss die Ab-
klärung von Krankheitserscheinungen jeder
Art schnell und fachlich fundiert erfolgen.
Abb. 6: Geringgradige klinische Symptome bei
einer Färse mit Nachweis des Bovinen Her-
pesvirus Typ 1 aus dem Nasentupfer
(Foto: Eulenberger)
20
1...,10,11,12,13,14,15,16,17,18,19 21,22,23,24,25,26,27,28,29,30,...60
Powered by FlippingBook