Im Sommer 2022 ist es im südlichen Vogtland- und Erzgebirgskreis zu vermehrt auftretenden Fällen von Wild- und Rinderseuche gekommen.
Im November letzten Jahres war außerdem eine Milchvieh-Jungrinderherde im Vogtlandkreis mit zahlreichen Verendungen betroffen. Auch andere Bundesländer, wie z.B. Mecklenburg-Vorpommern berichten momentan über aufgetretene Fälle.
Symptome bei den Rindern waren meist Fieber, Apathie, Kopf- und Kehlschwellungen, dadurch starke Atemnot, aber auch Schwellungen am Rumpf und Gliedmaßen. Die Tiere verendeten oft plötzlich, auch ohne vorher erkennbare Symptome. Aufgrund einer sofort eingeleiteten Diagnostik an der Landesuntersuchungsanstalt Sachsen konnte zeitnah die Ursache für die verlustreiche Tierseuche ermittelt werden: Pasteurella multocida, Typ B, der Erreger der Wild- und Rinderseuche oder Hämorrhagische Septikämie des Rindes. Betroffen sein können Rinder, Reh- Rot-, Dam- und Schwarzwild, vereinzelt auch kleine Wiederkäuer, Zebus und Büffel, wobei das Erregerreservoir in der Wildpopulation zu finden ist. Die Krankheit wird hauptsächlich durch die Wirkung der Endotoxine des Erregers ausgelöst und verursacht dadurch meist akute bis perakute Verläufe mit schneller Todesfolge. Das Bakterium vermehrt sich gern auf Schleimhäuten, besonders auf denen der Atemwege. Deshalb ist der Hauptübertragungsweg von Tier zu Tier der direkte Kontakt oder das Inhalieren von erregerhaltigen Tröpfchen (Tröpfcheninfektion). Die Inkubationszeit (Zeitraum von der Erregeraufnahme bis zum Auftreten erster Symptome) beträgt 1 bis 5 Tage. Indirekte Übertragungen werden auch beschrieben, dazu gehört z.B. die gemeinsame Nutzung von Wasserstellen. Im vorliegenden Fall fungieren vermutlich Stechinsekten als Überträger, bewiesen ist das aber noch nicht, da kein infiziertes verendetes Wild in der Nähe der betroffenen Bestände gefunden wurde. In der Umwelt überlebt das Bakterium nur kurze Zeit. In feuchter Erde und Wasser bleibt es nur für Stunden und eventuell einige Tage infektionsfähig. Bei Temperaturen über 55°C und Behandlung mit allen gängigen Desinfektionsmitteln wird es vollständig abgetötet.
Wenn bei den Rindern Ihres Bestandes beschriebene Symptome auffallen oder Tiere ohne vorherige Symptome plötzlich verenden, informieren Sie bitte gemeinsam mit dem Hoftierarzt das zuständige Veterinäramt und den Rindergesundheitsdienst. Veranlassen Sie beim erstmaligen Auftreten eine Untersuchung des Tieres über das Sektionsprogramm der Sächsischen Tierseuchenkasse. Dazu melden Sie die Verendung und beantragen Sie die labordiagnostische Untersuchung über das Sektionsprogramm unter der Telefonnummer der Tierkörperbeseitigung (Tel.: 035249 7350) und fordern dort das Sektionsfahrzeug der LUA Sachsen an. Bitte geben Sie bei der Abholung einen Vorbericht zum Hergang des Geschehens vorzugsweise ausgestellt von Ihrem Hoftierarzt mit.
Diese nur innerhalb der Wiederkäuer und Schweine vorkommende Infektionskrankheit ist für den Menschen völlig ungefährlich. Die beschriebenen Fälle in Europa und Deutschland der letzten Jahre beschränkten sich immer auf einzelne oder wenige Tierhaltungen in einem begrenzten Gebiet, sodass eine weitere seuchenhafte Ausbreitung nicht zu erwarten ist.
Behandlungen betroffener Tiere bleiben bei fortgeschrittener Erkrankung meist erfolglos. In der Inkubationszeit wurde bei ähnlichen Fällen Antibiotika aber erfolgreich eingesetzt. Ein kommerzieller Impfstoff ist nicht vorhanden, es kann aber ein bestandsspezifischer Impfstoff hergestellt werden.
Sofortmaßnahmen bei Verdacht auf Wild- und Rinderseuche:
- Absonderung der betroffenen Tiere von übrigen Herden oder Gruppen, evtl. Aufstallung (eine folgende Ansteckung anderer Tiere ist möglich)
- Einhalten von Biosicherheitsmaßnahmen innerhalb und außerhalb des Bestandes (Zugangsbeschränkungen, Desinfektionsmaßnahmen, Schadnagerbekämpfung)
- je nach Möglichkeit der Zugänglichkeit der Tiere auf der Weide eine Behandlung gegen Weideinsekten durch ein Aufgusspräparat oder entsprechende Ohrmarken
- Verhinderung des direkten und indirekten Kontaktes mit Wildtieren (Weidezaun verstärken, Wasserstellen oder Bachläufe nicht als Tränkstellen verwenden)
- umliegende Wälder und Flächen nach verendeten Wildtieren absuchen und diese entfernen bzw. Veterinäramt oder Jäger informieren
Ein Anspruch auf Entschädigung verendeter Tiere seitens der Sächsischen Tierseuchenkasse besteht nicht, es gibt aber ihrerseits die Möglichkeit im Zusammenhang der labordiagnostischen nachgewiesenen Infektion mit dem Erreger der Wild- und Rinderseuche eine Tierverlustbeihilfe im De-minimis-Verfahren zu beantragen.