Jahresbericht 2016 - page 36

8 . A R B E I T S B E R I C H T D E S S C H W E I N E G E S U N D H E I T S D I E N S T E S ( S G D )
Schwein
ebenfalls Gegenstand der Zertifizierung.
In einer
PRRS
-positiven Sauenzuchtanlage
kam es über einen längeren Zeitraum regel-
mäßig zum Auftreten von Niesen, serösem
Nasenausfluss und leichtem Fieber in Verbin-
dung mit reduzierten Zunahmen bei Läufern
ab der 3. Haltungswoche. In entnommenen
Nasentupfern von betroffenen Läufern wurde
in 8 von 10 Proben PRRS-Virus nachgewiesen.
Die Sequenzierung des Erregers erbrachte 5
Nachweise des amerikanischen Genotyps (NA)
und 3 Nachweise des europäischen Genotyps
(EU), wobei jeweils die größte Übereinstim-
mung zu Impfstämmen bestand. Es handelte
sich somit nicht um eine Feldinfektion, sondern
um den Nachweis von Impfstämmen auf der
Nasenschleimhaut in Verbindung mit klinischen
Erscheinungen. Bei drei zur Sektion einge-
sandten Läufern der 4. Haltungswoche fanden
sich interstitielle Pneumonien, PRRS-Virus
konnte aus dem Lungengewebe aller drei Tiere
isoliert werden. Die Sequenzierung erbrachte
erneut die höchste Homologie zu einem NA-
Impfstamm. Die Ergebnisse sind schon allein
deshalb interessant, weil im Bestand seit mehr
als einem Jahr kein PRRS-Impfstoff vom NA-
Typ mehr eingesetzt wurde. Sowohl die Sauen
als auch die Ferkel erhielten seitdem PRRS-
Impfstoff mit EU-Typ. In Zusammenfassung der
Befunde muss von einer Infektion der Läufer
mit im Bestand zirkulierendem Impfvirus vom
NA-Typ ausgegangen werden, die zeitgleich
mit respiratorischer Symptomatik und Pneumo-
nien aufgetreten ist.
Aufgrund von
tiergesundheitlichen Proble-
men
wurde der SGD im Berichtsjahr regelmä-
ßig angefordert. Dabei handelte es sich unter
anderem um Infektionen mit Streptococcus
suis, PCV2, M. hyopneumoniae, Lawsonia
intracellularis, toxinbildenden Pasteurellen und
A. pp.. Fragen zur Reduzierung des Antibio-
tikaeinsatzes und zu Prophylaxemaßnahmen
wurden häufig diskutiert. Außerdem gab es
Bestandsbesuche aufgrund von Lahmheiten
und Fruchtbarkeitsstörungen. Für 7 Betriebe
wurden im Berichtsjahr Lungenbonituren am
Schlachthof vorgenommen und ausgewertet.
Die Problematik des
Schwanzbeißens
und
des Vorkommens von
Ohrrandnekrosen
(Abb. 2) stellt für viele Betriebe weiterhin
eine große Herausforderung dar. Vorrangig in
der Ferkelaufzucht treten in vielen Betrieben
intermittierend Ohrrandnekrosen und in der
Folge häufig Ohrbeißen auf. Eine Ursache des
Problems ist in der Regel nicht ersichtlich,
zumal in einem Flatdeck-Abteil oft nur einzelne
Buchten betroffen sind, ohne dass Unter-
schiede in den Haltungsbedingungen oder der
Fütterung vorliegen. Sind Ohrrandnekrosen
bis zur Einstallung in die Mast nicht vollstän-
dig verheilt, so kann sich das Problem in die
Mast fortsetzten. Schwanzbeißen tritt zumeist
gegen Ende der Ferkelaufzucht bzw. in der
Mast auf. Seit kurzem ist jedoch ein Phänomen
in den Fokus des Interesses gerückt, das sehr
wahrscheinlich dem gleichen Erkrankungskom-
plex zugeordnet werden muss. Bereits ein bis
zwei Tage nach der Geburt, besonders aber
auch im Flatdeck, können bei einzelnen Ferkeln
eines Wurfes oder einer Gruppe Schwanz-
nekrosen beobachtet werden, die teilweise
flächig aber auch als Ring um den gesamten
Schwanz reichen und zum Verlust von Teilen
des Schwanzes führen können, ohne dass es
zu irgendeinem Zeitpunkt zu einer Manipu-
lation des Schwanzes durch andere Ferkel
gekommen wäre. Weiterhin konnten an den
Klauen von Saugferkeln ebenfalls nekrotische
Veränderungen beobachtet werden. Auch
Zitzennekrosen bei Jungsauen seien an dieser
Stelle erwähnt. Alle genannten Erscheinungen
lassen sich in den Komplex des Entzündungs-
und Nekrosesyndroms des Schweines (SINS)
einordnen. Als Ursachen werden endogene
Veränderungen vermutet. Durch Anflutung
mikrobieller Abbauprodukte (besonders
Endotoxine) kommt es in den engsten Stellen
der Blutgefäße (Endstrombahnen) zu Durch-
blutungsstörungen oder Verstopfungen und
als Folge davon zu Schwellungen, Schmerzen,
Funktionsverlust und schließlich zur Nekrose
des nachfolgenden Gewebes (z. B. Schwanz-
spitze oder Ohrspitze). Betroffene Schweine
dulden wegen des auftretenden Juckreizes
durch absterbendes Gewebe dann eher die
Manipulation der Buchtenmitglieder. Kommt
es zum Blutaustritt, wird die Motivation des
beißenden Schweins erheblich gesteigert und
die Situation kann eskalieren. Somit ist zu ver-
muten, dass ein überwiegender Teil des in den
Beständen auftretenden Schwanz- und Ohrbei-
ßens erst durch eine endogene Vorschädigung
des Gewebes entsteht und damit sekundärer
Natur ist. Primärer Kannibalismus entsteht
durch frustrierte und gelangweilte Tiere, die
aus verschiedensten Gründen beginnen, Buch-
tenmitglieder zu beknabbern. Die Entstehung
von Schwanzbeißen basiert auf dem Zusam-
menspiel und der potenzierenden Wirkung
einer Vielzahl von Faktoren, die oft schwer
fassbar und überdies betriebsindividuell sehr
unterschiedlich gelagert sein können.
Seit Beginn des Jahres 2017 haben betroffene
Betriebe die Möglichkeit, am Programm des
Sächsischen Staatsministeriums für Soziales
und Verbraucherschutz und der Sächsischen
Tierseuchenkasse zur Prävention von Schwanz-
beißen sowie Schwanz- und Ohrrandnekrosen
bei Schweinen in Sachsen (
Präventions-
programm Schwanzbeißen
) teilzunehmen.
Ziel des Programms ist die Beratung der
Betriebe zu Möglichkeiten der Reduzierung
von Schwanzbeißen, Schwanz- und Ohrrand-
nekrosen sowie weiterer Symptome des
Entzündungs- und Nekrosesyndroms auf der
Grundlage einer betriebsindividuellen Risiko-
faktorenanalyse. Hierzu werden bei einem
Bestandsbesuch durch den SGD unter anderem
Daten zur Haltung, Fütterung, Klima, Tierge-
sundheit erhoben und vor Ort ausgewertet.
Auf dieser Datenbasis sollen den Betrieben
praktikable Lösungsvorschläge an die Hand
gegeben werden.
Fehlstellungen der Vordergliedmaßen bei
Mastschweinen und Jungsauen in der in Abbil-
dung 3 dargestellten Form finden sich in vielen
Schweinebeständen. In der Regel sind es
Einzeltierbefunde. Die betroffenen Tiere zeigen
ein permanentes Anbeugen der Karpalgelenke,
stehen auf den Klauenspitzen, die Klauen sind
gespreizt und die Gliedmaßen nach außen
rotiert. Es sind beinahe ausschließlich beide
Vordergliedmaßen betroffen. Weitere Sym-
ptome sind unsicherer Gang, Zittern in den Vor-
Abb. 2: phlegmonöse Entzündung des linken
Ohres bei einem Läufer infolge Ohrspitzen-
nekrose (Foto: Dr. M. F.)
Abb 3: Fehlstellung der Vordergliedmaßen
bei einem Mastschwein infolge Ulnaosteo-
chondrose (Foto: D. H.)
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